Interview mit dem Vorstand der Energie AG Oberösterreich

Dr. Andreas Kolar (Mitglied des Vorstands), Generaldirektor DDr. Werner Steinecker MBA (Vorsitzender des Vorstands), Dipl.-Ing. Stefan Stallinger MBA (Mitglied des Vorstands)

Dr. Andreas Kolar Mitglied des Vorstands

Generaldirektor DDr. Werner Steinecker MBA Vorsitzender des Vorstands

Dipl.-Ing. Stefan Stallinger MBA Mitglied des Vorstands

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Das Thema Versorgungssicherheit ist infolge des russisch-ukrainischen Kriegs in das unmittelbare Zentrum des gesellschaftlichen Interesses gerückt. Welche Maßnahmen unternimmt die Energie AG Oberösterreich, um diese kurz-, aber auch mittel- und langfristig gewährleisten zu können?

Werner Steinecker: Die dauerhafte Sicherstellung der hohen Versorgungsqualität von Strom, Gas und Wärme zählt zu den zentralsten Missionen, denen sich die Energie AG Oberösterreich verschrieben hat. Umso herausfordernder ist die gegenwärtige Situation, in der uns die Fragilität des europäischen Energiesystems offenbart wird. Durch die zeitnahe Sicherung entsprechender Gaskontingente, die maximale Befüllung eigener Speicherscheiben sowie durch Kraftwerkseinsätze im Rahmen des Engpassmanagements konnte dennoch Sorge dafür getragen werden, dass unsere Strom- und Gaskund:innen uneingeschränkt mit Energie versorgt wurden. Mittel- und langfristig führt der Weg einzig und allein über die rasche Transformation des Energiesystems. Wir werden hier alle Anstrengungen unternehmen, um den Ausbau von Erneuerbarer Energie, der Netzinfrastruktur auf allen Spannungsebenen sowie den Ausbau von Speicherkapazitäten zu forcieren.

Generaldirektor DDr. Werner Steinecker MBA (Vorsitzender des Vorstands) (Photo)
https://www.youtube.com/watch?v=C3tn4dwlDhA

„Die dauerhafte Sicherstellung der hohen Versorgungs­qualität von Strom, Gas und Wärme zählt zu den zentralsten Missionen, denen sich die Energie AG Oberösterreich verschrieben hat. Umso herausfordernder ist die gegenwärtige Situation, in der uns die Fragilität des europäischen Energiesystems offenbart wird. Mittel- und langfristig führt der Weg einzig und allein über die rasche Transformation des Energiesystems. Wir werden hier alle Anstrengungen unternehmen, um den Ausbau von Erneuerbarer Energie, der Netzinfrastruktur auf allen Spannungsebenen sowie den Ausbau von Speicher­kapazitäten zu forcieren.“

Werner Steinecker

Die Energiewirtschaft durchlebt aktuell auch in finanzwirtschaftlicher Hinsicht eine äußerst herausfordernde Zeit. Welche Maßnahmen wurden getroffen, um der momentanen Risikolage entgegenzutreten?

Andreas Kolar: Der Konzern verfügt seit langem über ein standardisiertes und bereichs­übergreifendes Risikomanagement. Die Installierung eines Risikokomitees hat uns in die Lage versetzt, das Monitoring der Marktgegebenheiten und der damit verbundenen Liquiditäts-, Kontrahenten- und Marktpreisrisiken noch engmaschiger zu gestalten und die notwendigen Unternehmensentscheidungen frühzeitig abzuleiten. Unsere Risiko­management­systeme haben in diesem Zusammenhang dazu beigetragen, durch die Analyse und Aggregation von Risiken adäquate Informationsgrundlagen für unternehmerische Entscheidungen bereitzustellen, bedrohlichen Entwicklungen rechtzeitig gegenzusteuern und die angestrebten Ziele bestmöglich zu erreichen. Infolge des Kriegs­beginns im Februar 2022 wurde dieses Gremium um eine Taskforce erweitert, um die geopolitischen Entwicklungen laufend zu analysieren und ebenfalls Maßnahmen, nicht nur finanzieller, sondern auch juristischer und technischer Natur zur Umsetzung zu bringen.

Dr. Andreas Kolar (Mitglied des Vorstands) (Photo)
https://www.youtube.com/watch?v=vEX2auBviq4&feature=youtu.be

„Wir haben im abgelaufenen Geschäftsjahr Rahmen­bedingungen vorgefunden, die mehr als herausfordernd waren und diese aller Voraussicht nach in nächster Zeit auch so bleiben werden. Unsere Ziele, nämlich einen Beitrag zur Transformation der Energie­systeme zu leisten, die Versorgungs­sicherheit und –qualität für unsere Kundinnen und Kunden weiter zu optimieren und damit die Unternehmens­entwicklung sowie den Unternehmens­wert des Konzerns langfristig abzusichern, werden wir trotz allem mit Nachdruck verfolgen.“

Andreas Kolar

Der Ausbau der Netzinfrastruktur wird als immer zentralerer Schlüssel zur Realisierung der Energiewende angesehen. Welche Herausforderungen stellen sich dabei?

Stefan Stallinger: Die Herausforderungen sind vielfältig – insbesondere deshalb, weil wir den Ausbau und die Ertüchtigung der Stromnetze noch schneller vorantreiben wollen, um die Einspeisung von dezentral erzeugtem Ökostrom für alle zu ermöglichen. Wir befinden uns jedoch, beispielsweise im Bereich der Verfügbarkeit von Transformatoren oder Schaltanlagen, in einem Lieferantenmarkt aufgrund der hohen Nachfrage und dem niedrigen Angebot. Die Lieferzeiten sind aufgrund von Materialengpässen deutlich höher als noch vor drei bis fünf Jahren. Ein wichtiger Faktor für konkrete Investments in die Netzinfrastruktur ist auch die Schaffung von regulatorischen Anreizen, um den Ausbau nicht durch finanzielle Hemmnisse (geringe Verzinsungen) zu erschweren. Außerdem beschäftigen uns die mitunter sehr lange andauernden Projektgenehmigungsverfahren, durch die viel Zeit für die Transformation des Energiesystems verloren geht. Positiv stimmt uns jedoch, dass leistungsstarke Stromnetze in der Bevölkerung zunehmend als Enabler der Energiewende sowie als Rückgrat für die Versorgungssicherheit angesehen werden.

Dipl.-Ing Stefan Stallinger MBA (Mitglied des Vorstands) (Photo)
https://www.youtube.com/watch?v=Y7JHTRl4gto

„Als Energie AG Oberösterreich sehen wir uns als Schritt­macher der Energiewende und wollen durch eine Vielzahl an Maßnahmen alle daran teilhaben lassen. Von zahl­reichen Vertriebsaktionen, um auf Wärmepumpen umzusteigen oder maßgeschneiderten PV-Contracting­modellen für Privathaushalte und Unternehmen über unsere Rolle als Enabler in E-Mobilitätsfragen bis hin zum kontinuierlichen Ausbau der Fernwärmenetze und dem sehr ambitionierten Ausbaupfad bei eigenen Strom­erzeugungs­anlagen.“

Stefan Stallinger

Die Energie AG Oberösterreich konnte trotz der gegenwärtigen Rahmenbedingungen das Rating „A, stable“ halten. Wie ist es dazu gekommen?

Andreas Kolar: Die hervorragende Bonitätseinstufung ist mitunter ein Verdienst der stabilen und risikoaversen Finanzpolitik in den vergangenen Jahren. Darüber hinaus würdigt die Ratingagentur Standard & Poor’s das integrierte und dadurch krisenresiliente Geschäftsmodell der Energie AG Oberösterreich. Dies zeigt sich auch im abgelaufenen Geschäftsjahr, in dem der witterungsbedingte Ergebnisrückgang im historischen Kernsegment Energie durch höhere Ergebnisbeiträge in den Segmenten Netz und Entsorgung teilweise kompensiert werden konnte. Das ausgezeichnete Rating unterstreicht einmal mehr die hohe Leistungsfähigkeit des Unternehmens – eine Voraussetzung, die es der Energie AG Oberösterreich ermöglicht, den Herausforderungen durch volatile und stark steigende Energiepreise und nicht zuletzt den wirtschaftlichen Auswirkungen des russisch-ukrainischen Kriegs zuverlässig zu begegnen. Die Transformation des Energiesystems in Richtung Klimaneutralität wird enorme, finanzielle Ressourcen erfordern. Durch die Bestätigung des Top-Ratings „A, stable“ können wir uns den Anforderungen der Zukunft stellen und konkrete Investitions- und Finanzierungsziele umsetzen.

Die Energie AG Oberösterreich wurde vom renommierten Trend-Magazin als „Bester Arbeitgeber Österreichs“ ausgezeichnet. Welche Gründe waren hierfür ausschlaggebend?

Werner Steinecker: Die Auszeichnung ist eine schöne Anerkennung für die Vielzahl an Maßnahmen, die in den vergangenen Jahren im Sinne einer mitarbeiterfreundlichen Arbeitsumgebung umgesetzt wurden. Besonders stolz sind wir auf die kontinuierliche Arbeit im Bereich der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die sich auch in der Schaffung einer Kinderbetreuungseinrichtung im Headquarter der Energie AG Oberösterreich im Sommer 2022 widerspiegelt. Hohe Bedeutung messen wir auch den zahlreichen Modellen zur Förderung und Weiterbildung unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei. Durch die Ausweitung der Trainee-, Schulungs- und Mentoringprogramme wollen wir dazu beitragen, dass den Kolleginnen und Kollegen Raum für Entfaltung und persönliche Weiterentwicklung geboten wird. Uns freut auch, im Rahmen der repräsentativen Studie als moderner Arbeitgeber wahrgenommen worden zu sein, der den Fokus auf Schlüsselberufe der Zukunft wie die Energiewende, die Kreislaufwirtschaft sowie den Breitbandausbau legt. In Zeiten des Fachkräftemangels ist die Auszeichnung umso wertvoller.

Bis 2030 sollen nach Zielsetzung der Bundesregierung knapp 45 % mehr Ökostrom als bisher erzeugt werden. Wie kann diese Herkulesaufgabe gelingen und welchen Beitrag wird die Energie AG Oberösterreich dazu leisten?

Stefan Stallinger: Die Klima- und Energieziele der Bundesregierung sind durch das Momentum der Krise zweifelsfrei ambitioniert, dennoch bemerken wir auch das stark gestiegene Commitment von Industrie, Politik und der Bevölkerung, um die Transformation des Energiesystems voranzutreiben. Einerseits, um die Abhängigkeit von globalen Energieimporten zu reduzieren, andererseits, um im Sinne des Klimaschutzes und Nachhaltigkeitsgedanken den eigenen CO2-Fußabdruck zu optimieren. Als Energie AG Oberösterreich sehen wir uns als Schrittmacher der Energiewende und wollen durch eine Vielzahl an Maßnahmen alle daran teilhaben lassen. Von zahlreichen Vertriebsaktionen, um auf Wärmepumpen umzusteigen oder maßgeschneiderten PV-Contractingmodellen für Privathaushalte und Unternehmen über unsere Rolle als Enabler in E-Mobilitätsfragen bis hin zum kontinuierlichen Ausbau der Fernwärmenetze und dem sehr ambitionierten Ausbaupfad bei eigenen Stromerzeugungsanlagen. Bis 2030 soll durch die Errichtung von Wasserkraftwerken, Windkraftanlagen und PV-Anlagen für zusätzliche 180.000 Haushalte regional erzeugter Ökostrom produziert werden. Allein durch diese Maßnahmen können wir über 550.000 Tonnen CO2 einsparen und auf bis zu 500 GWh an Energieimporten verzichten.

Die gestiegenen Energiepreise sind im Jahr 2022 für einen immer größer werdenden Teil der Bevölkerung zu einer großen Belastung geworden. Wie ist die Energie AG Oberösterreich mit dieser Situation umgegangen?

Werner Steinecker: Erfreulicherweise ist es uns gelungen, an der im Oktober 2021 ausgesprochenen Preisgarantie für Strom und Gas bis 01.01.2023 festzuhalten. Möglich geworden ist dies durch eine vorausschauende und risikominimierende Energiebeschaffungspolitik. Dank gesetzlicher Entlastungsmaßnahmen wie dem Wegfall der Ökostrompauschale oder dem Ökostromförderbeitrag oder der Gewährung des Energiekostenausgleichs zahlten Bestandskund:innen der Energie AG Oberösterreich bei gleichbleibendem Verbrauch im Jahr 2022 weniger als noch im Vorjahr für ihren Strom. Wir sind froh, dass wir unseren Kundinnen und Kunden beweisen konnten, dass wir auch in herausfordernden Zeiten ein verlässlicher Partner sind.

Welche Herausforderungen ergeben sich im kommenden Geschäftsjahr 2022/2023?

Andreas Kolar: Seit annähernd drei Jahren befinden wir uns in einer Art Dauerkrise, die bezüglich Vielfältigkeit und Komplexität der anfallenden Problemstellungen zuletzt auch noch zugenommen hat. Eine dieser Problemlagen sind die volkswirtschaftlichen Marktaussichten, die durch weiterhin hohe Inflationsraten und niedrige Wachstumsprognosen gekennzeichnet sind. Trotz dieser Rahmenbedingungen ist geplant, im Geschäftsjahr 2022/2023 über EUR 250 Mio. in eine nachhaltige Energiezukunft investieren, womit ein wertvoller Beitrag zur regionalen Wertschöpfung verbunden ist. Die Verfügbarkeit von materiellen und personellen Ressourcen wird für die Verwirklichung dieser Pläne ebenso entscheidend sein, wie auch die Verfahrensdauer zur Genehmigung von relevanten Projekten. Ziel ist es, einen Beitrag zur Transformation der Energiesysteme zu leisten, die Versorgungssicherheit und -qualität weiter zu optimieren und damit die Unternehmensentwicklung sowie den Unternehmenswert des Konzerns langfristig abzusichern. Wir sind zuversichtlich, die Herausforderungen auch künftig erfolgreich zu meistern.

Der Anteil fossiler Energieträger und damit die globale Abhängigkeit spielt bei der Wärmeversorgung eine nach wie vor große Rolle. Wie kann dem entgegengetreten werden?

Stefan Stallinger: Das kürzlich abgeschlossene Fernwärmeprojekt für die Stadt Wels ist ein sehr gutes Beispiel dafür, wie dieses Ziel gelingen kann. Durch die industrielle Abwärmenutzung unserer Abfallverwertungsanlage WAV wird die zweitgrößte Stadt Oberösterreichs seit Mai ausschließlich mit nachhaltiger Energie versorgt. Die Sektorkopplungslösung führt auch dazu, dass die Welser Bevölkerung weder von etwaigen Gaslieferengpässen noch von den extremen Gaspreisverwerfungen betroffen ist. Die Sektorkopplung ist nicht nur durch die Nutzung industrieller Abwärme, sondern künftig auch durch die Erzeugung von grünem Wasserstoff aus erneuerbar erzeugtem Strom essenziell. Die Energie AG Oberösterreich ist in diversen Wasserstoffforschungsprojekten engagiert, um einen Beitrag dafür zu leisten, den klimaneutralen und speicherfähigen Energieträger zu einem wesentlichen Baustein für die Energie- und Wärmewende zu machen. Die Basis dafür ist der ambitionierte Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung.

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