7.1. Risikomanagementprozess

Das Risikomanagementsystem der Energie AG dient dazu, künftige Entwicklungen so früh wie möglich zu erfassen und die entstehenden Risiken und Chancen zu erkennen und aktiv zu steuern.

Als etablierter Teil des Führungs- und Steuerungssystems findet das Risikomanagement Berücksichtigung im strategischen Management, im Investitions-/Projektmanagement und in der operativen Geschäftstätigkeit.

Basierend auf dem operativen Risikomanagement in den dezentralen Geschäftsbereichen wird vom zentralen Risikomanagement das operative und strategische Risikomanagement gesteuert. Quartalsweise werden die Risiken, Chancen und Maßnahmen aktualisiert und in einem konzernweit implementierten Software-Tool erfasst. Auf Konzernebene werden die identifizierten Chancen und Risiken analysiert und zur Gesamtrisikoposition aggregiert.

Das Reporting an den Konzernvorstand erfolgt quartalsweise und bei Bedarf ad hoc. Der Risikomanagement-Bericht ist integrierter Bestandteil der Aufsichtsratsberichterstattung und wird gemäß URÄG im Hinblick auf Wirksamkeit und Validität des Prozesses auch dem Prüfungsausschuss berichtet.

Die ordnungsgemäße Dokumentation und Prüfbarkeit ist durch die Historisierung zu den Bewertungsstichtagen sichergestellt.

7.2 Strategische Risiken

Richtige strategische Entscheidungen sind die Grundlage für den Erfolg jedes Unternehmens. Der Klimawandel, die Veränderungen der energiepolitischen und energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die technologischen Entwicklungen und die Änderungen im Marktumfeld bringen strategische Risiken und Chancen für die Energie AG mit sich. Auf Basis intensiver Beobachtung von Märkten, Wettbewerbern und Technologien wird die strategische Ausrichtung kontinuierlich überprüft und an neue Gegebenheiten angepasst.

Insbesondere Investitionsprojekte sind in energieerzeugenden und –verteilenden Unternehmen, mit hohen und langfristig angelegten Investitionen, mit einer hohen Komplexität und dem Zusammenwirken zahlreicher Inputfaktoren verbunden. Aus diesem Grund sind Abweichungen von der Projektplanung (auch verbunden mit zeitlichen Verzögerungen, Kosten- und Qualitätsabweichungen) nicht gänzlich auszuschließen. Ein wesentliches Entscheidungskriterium ist die erwartete Verzinsung des investierten Kapitals unter Berücksichtigung von Chancen und Risiken über die gesamte Projektlaufzeit. Die Realisierung von Projekten hängt von den Markterwartungen ab und davon, ob das (energie-)politische Umfeld ausreichend Investitionssicherheit bietet. Risikomanagement-Methoden werden in den gesamten Projektzyklus eingebunden, um mögliche finanzielle Abweichungen rechtzeitig zu erkennen und Maßnahmen zur Gegensteuerung aufzubereiten.

7.3 Risiken aus der operativen Geschäftstätigkeit

Die Wirtschaftlichkeit und Werthaltigkeit von Anlagen, Bezugsrechten und Beteiligungen des Energie AG-Konzerns ist wesentlich gekennzeichnet von Marktpreisrisiken (Strom-, Gas-, Biomasse- und Zertifikat-Preise, etc.). Da ein Großteil der Erzeugungsmenge bereits vermarktet wurde, ist aus den gesunkenen Strompreisen keine große Ergebnisauswirkung für das Geschäftsjahr 2019/2020 zu erwarten. Um auf das Marktumfeld abgestimmte Risikostrategien und die Nutzung konzerninterner Synergien zu ermöglichen, ist das Know-how rund um das Management von Commodity-Preisrisiken in der Energie AG Oberösterreich Trading GmbH gebündelt.

Die Stromproduktion aus thermischen Kapazitäten im Segment Energie ist geringer als im Vorjahr. Aufgrund der nach wie vor hohen Strompreise, bei gleichzeitig relativ stabilen Gaspreisen, war im Winterhalbjahr wieder ein Markteinsatz des Gas- und Dampfturbinenkraftwerks (GuD) Timelkam, welches grundsätzlich für Netzreserve und Engpassmanagement bereitgehalten wird, möglich.

Ein weiterer wichtiger Einflussfaktor für die Geschäftsentwicklung der Energie AG ist die Wetter- bzw. Klimaentwicklung. Diese hat einerseits Auswirkungen auf die Stromerzeugungsmengen aus Wasserkraft – aufgrund unbeeinflussbarer hydrologischer Bedingungen – und andererseits auf die raumwärme-getriebenen Absatzmengen von Strom, Gas und Wärme. Im Berichtszeitraum wurde die Stromaufbringung durch eine über dem langjährigen Mittel, aber leicht unter dem Vorjahreswert liegende Wasserführung beeinflusst. In sämtlichen temperaturabhängigen Sparten waren die Auswirkungen des – in Relation zum langjährigen Mittel – milden Winters spürbar.

Die COVID-19-Pandemie, die damit einhergehende gedämpfte Konjunkturentwicklung und die energiepolitisch anspruchsvollen Rahmenbedingungen stellen große Herausforderungen für den Endkundenmarkt – von Strom, Gas, Wärme und Telekomkommunikationsdienstleistungen – dar. Die COVID-19-Pandemie führt nach ersten internen Einschätzungen im Businesssegment der Sparten Strom und Gas zu signifikanten Umsatzreduktionen. Im Privatkundenbereich ist bei anhaltenden Ausgangsbeschränkungen mit einem leichten Anstieg der Absatzmengen zu rechnen. In kurzen Intervallen werden die mit der aktuellen Situation verbundenen Risiken beobachtet, analysiert, bewertet und entsprechende Maßnahmen getroffen. Die Branche verzeichnete im Jahr 2019 laut E-Control Austria das höchste Wechselverhalten bei Strom- und Gasanbieterwechseln seit der Liberalisierung der Märkte. Um die Wechselzahlen in der Energie AG so gering wie möglich zu halten und Neukunden zu gewinnen, werden zahlreiche Maßnahmen gesetzt – wie die Bündelung der Vertriebe, Preisgarantie, Service- und Förderangebote, Fokus auf Digitalisierung in der Produktentwicklung und die Positionierung als Energiedienstleister.

Im Segment Entsorgung konnten die klassischen Entsorgungsdienstleistungen im abgelaufenen Halbjahr weitgehend unter günstigen wirtschaftlichen Bedingungen erbracht werden, womit sich der positive Trend aus dem Vorjahr fortsetzte. Durch die nach wie vor hohen Volumina an Abfällen, welche einer thermischen Verwertung zugeführt werden mussten, waren die Müllverbrennungsanlagen europaweit weiterhin gut ausgelastet. Bei den Wertstoffen Altpapier/Karton sowie bei Metall setzte sich hingegen der negative Trend aus dem Vorjahr fort, hier wird nach einem Tiefstand der Preise am Ende des ersten Halbjahres wieder mit einer Erholung gerechnet.

Um eine stabile Umsatz- und Ergebnissituation zu gewährleisten, werden die Zusammenarbeit mit dem öffentlichen Sektor intensiviert, das strategisch verankerte Kostenmanagement konsequent fortgesetzt und laufende Optimierungsprojekte weiter umgesetzt.

Vom COVID-19-Lockdown ab Mitte März 2020 waren die österreichischen Entsorgungsunternehmen explizit ausgenommen. Zur Aufrechterhaltung der Entsorgungssicherheit wurde der operative Geschäftsbetrieb ab der zweiten Märzhälfte unter erschwerten Rahmenbedingungen und unter Einhaltung der Sicherheits- und Hygienevorschriften fortgeführt.

Im Segment Tschechien spiegelten sich – bis zum Ausbruch der COVID-19-Pandemie – die günstigen makroökonomischen Daten in einer positiven Absatzentwicklung und im steigenden Auftragsvolumen des Dienstleistungsgeschäftes wider. Das Wärmegeschäft war witterungsbedingt durch den milden Winter umsatzseitig leicht negativ beeinflusst. Wie sich die COVID-19-Pandemie – insbesondere auf anstehende Konzessionsausschreibungen – auswirken wird, ist schwer abschätzbar. Im operativen Geschäft ist tendenziell mit einem Rückgang im produzierenden Bereich zu rechnen, der teilweise durch einen steigenden Haushaltsbedarf kompensiert werden könnte. Im Zuge der Neustrukturierung des Segment Tschechien wurden Synergieprojekte gestartet. Diese und die laufende Beteiligung an (Konzessions-)Ausschreibungen im Wasser-/Abwasserbereich sind die wichtigsten Maßnahmen, um den Marktanteil zu sichern bzw. zu vergrößern.

Durch die stetig voranschreitende Digitalisierung gewinnen der Fiber To The Home (FTTH)-Ausbau und die Umrüstung auf Smart Meter weiter an Bedeutung. Im Zuge der COVID-19-Pandemie zeigte sich die hohe Bedeutung eines lichtschnellen Breitbandinternets für den Wirtschaftsstandort Oberösterreichs deutlich. Der FTTH-Ausbau in der Energie AG wird weiterhin fortgesetzt, wobei mit Auswirkungen auf die Akquisitions- und Bautätigkeit durch die COVID-19-Pandemie gerechnet werden muss. Der im Branchenvergleich hohe Anteil an Smart Metern hat per 31.03.2020 einen Ausbaugrad von 98,25 % erreicht und somit die gesetzlichen Vorgaben zur Gänze erfüllt. Aus diesen Erweiterungen des Geschäftsmodells ergeben sich neue Chancen und Risiken, insbesondere auch aus informationstechnischen Schutzbestimmungen für Endkunden.

In den verschiedenen Geschäftsbereichen der Energie AG bestehen Anlagenrisiken durch technische Störungen oder andere Schadensereignisse, welche die Verfügbarkeit der Anlagen beeinträchtigen können. Diesen Anlagenrisiken begegnet die Energie AG mit Wartungs- und Qualitätskontrollen sowie einer optimierten Instandhaltungsstrategie.

Zu Jahresbeginn stellten im Stromnetzbetrieb Störungen aufgrund mehrerer Sturmtiefs eine große Herausforderung dar. Das 110 kV-Hochspannungsnetz stellte sich in dieser Situation einmal mehr als starkes und versorgungssicheres Rückgrat der oberösterreichischen Stromversorgung dar. Die Strategieprogramme „Verkabelung von störungsanfälligen Mittelspannungsfreileitungen“, „Niederspannungsverkabelung“ und die konsequente Erweiterung der Netzautomatisierung werden plangemäß fortgeführt. Dadurch werden die negativen Auswirkungen von Sturmereignissen auf die Stromversorgung weiter reduziert und die Verfügbarkeit des Netzes gesteigert.

Als Betreiber kritischer Infrastruktur unterhält die Energie AG ein entsprechendes Krisen- und Notfallmanagement und weiß mit Krisen wie der aktuellen Situation der COVID-19-Pandemie umzugehen, um die Anlagenverfügbarkeiten sicherzustellen.

Die Geschäftsprozesse der Energie AG werden durch Informations- und Kommunikationssysteme unterstützt und sind von einer sicheren und verlässlichen Informationstechnologie abhängig. Den Risiken aus Informationssicherheit, Cyber Security und Datenschutz begegnet die Energie AG mit umfassenden Managementsystemen für Informationssicherheit und Datenschutz.

7.4. Politische, regulatorische und rechtliche Risiken

Die Energieversorgung ist ein langfristig angelegtes Geschäftsmodell und somit in besonderer Weise von den politischen, regulatorischen und rechtlichen Rahmenbedingungen abhängig.

Unter anderem sind klimapolitische EU-Vorgaben bzw. deren Umsetzung in Österreich sowie die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Projektentwicklung und -umsetzung für Infrastrukturunternehmen wie die Energie AG von wesentlicher Bedeutung. Es wird versucht, diesen Risiken durch einen intensiven und konstruktiven Dialog mit Behörden und Politik zu begegnen.

Die regulatorischen Rahmenbedingungen für die Netzbetreiber sind weiterhin als stabil einzuschätzen. Die Parameter für die aktuelle Regulierungsperiode Strom sind für fünf Jahre festgelegt. Bei den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Erdgas ist davon auszugehen, dass die Parameter analog zu bereits abgeschlossenen Verfahren für die Branche festgelegt werden und für die gesamte 3. Regulierungsperiode angewendet werden. Ziel bleibt es, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Netzbetriebe weiterhin stabil zu halten.

7.5. Risiken aus Beteiligungen

Beteiligungsrisiken sind in der Schwankung der Beteiligungserträge, bei Dividenden-/Gewinnausschüttungen und in der Veränderung der Werthaltigkeit von Beteiligungsansätzen zu sehen. Eine Risikooptimierung erfolgt im Wesentlichen durch laufendes Monitoring der bestehenden Beteiligungen.

7.6. Finanzrisiken

Besonders im aktuell turbulenten Umfeld auf den Finanz- und Kapitalmärkten ist das Management der finanzwirtschaftlichen Risiken von besonderer Bedeutung. Die Steuerung und Überwachung der Zins-, Währungs- und Liquiditätsrisiken, sowie des Marktpreisrisikos aus Finanzanlagen erfolgt auf zentraler Ebene der Energie AG Oberösterreich. Das Ausfallsrisiko wird in enger Abstimmung mit den einzelnen Geschäftsbereichen gestioniert und durch regelmäßige Bonitätsanalysen der wesentlichen Kontrahenten begrenzt.

Bei den Rückstellungen besteht eine Chance bzw. ein Risiko, da der Barwert der Rückstellungen bei einem höheren Diskontierungszinssatz sinkt und bei einem niedrigeren Diskontierungszinssatz steigt.